Das BMF hat am 13.5.2016 einen Erlass zu Zweifelsfragen bei verschiedenen Sachverhalten im Zusammenhang mit den neuen Bestimmungen des Grunderwerbsteuergesetzes veröffentlicht. Der Erlass umfasst 40 Seiten und befasst sich anhand von Beispielen mit der Lösung von mannigfaltigen Zweifelsfragen. Auf diese kann an dieser Stelle nur exemplarisch hingewiesen werden:

 

  • Wie ist die Besteuerung einer Grundstücksschenkung im Fall der Zurückbehaltung des wirtschaftlichen Eigentums durch ein Fruchtgenussrecht vorzunehmen? Welche Folgen hat der spätere Wegfall des Fruchtgenussrechts durch den Tod des Berechtigten?
  • Wie ist die Anwachsung grunderwerbsteuerlich zu behandeln?
  • Wie sind kumulierte Anteilsübertragungen bei Personengesellschaften im Hinblick auf den neuen 95 %-Tatbestand zu sehen?
  • Welche grunderwerbsteuerliche Folgen sind mit Treuhandschaften und auch dem Wechsel des Treuhänders verbunden?
  • Zweifelsfragen im Zusammenhang mit Liegenschaften und Unternehmensgruppen
  • Fragen zur Befreiung von Betriebsübertragungen
  • Zweifelsfragen im Zusammenhang mit Umgründungen
  • Zweifelsfragen im Zusammenhang mit der Grundstückswertverordnung (zB Fragen zum Sanierungstatbestand)

 

Von den durchwegs sehr interessanten Fragen und deren Beantwortung durch das BMF greifen wir zwei unseres Erachtens besonders praxisrelevante Fälle heraus:

 

  • Der Geschenkgeber eines Grundstücks behält sich das Fruchtgenussrecht sowie die wirtschaftliche Verfügungsmacht (durch eine Vereinbarung, dass der Geschenknehmer das Grundstück nur auf seine Anordnung verkaufen darf und er den Verkaufserlös erhält) zurück. Ertragsteuerlich ist durch eine derartige Vereinbarung sichergestellt, dass der Geschenkgeber weiterhin die laufenden Einkünfte versteuert und auch die Abschreibung geltend machen kann. Durch diese Übertragung wird der Grunderwerbsteuertatbestand erfüllt und es fällt Grunderwerbsteuer an. Die Zurückbehaltung des wirtschaftlichen Eigentums stellt keinen Erwerbsvorgang iSd GrEStG dar. Stirbt in der Folge der Fruchtgenussberechtigte oder verzichtet dieser auf das Fruchtgenussrecht, stellt dies einen weiteren grunderwerbsteuerlichen Vorgang dar. Eine (ergänzende) GrESt wird aber nur dann erhoben, wenn die Bemessungsgrundlage für den späteren Erwerbsvorgang den Betrag übersteigt, der beim vorangegangenen Erwerb Bemessungsgrundlage war (zB infolge einer zwischenzeitlichen Wertsteigerung des Grundstücks).
  • Kurz vor Jahreswechsel waren alle Notariatskanzleien mit der Auflösung bzw Übertragung von Treuhandschaften betreffend grundstücksbesitzender Kapital- und Personengesellschaften überlastet. Im Zuge der Übertragung von Treuhandschaften von einem Treuhänder zu einem anderen Treuhänder wurde vom BMF völlig unvermutet die Rechtsansicht vertreten, dass ein Treuhänderwechsel jedenfalls den Rückfall des Treuguts auf den Treugeber bewirken würde. Dieser Ansicht des BMF wurde von Zivilrechtlern massiv widersprochen. Nunmehr vertritt das BMF in der gegenständlichen Information die Ansicht, dass nur dann, wenn der Treuhandvertrag einen direkten Treuhänderwechsel „ausdrücklich vertraglich regelt“, eine (fiktive) Rückübertragung auf den Treugeber vermieden werden kann. Nur in diesem Fall wäre ein direkter Wechsel des Treuhänders (ohne Rückfall auf den Treugeber und die damit vielfach verbundene Anteilsvereinigung beim Treugeber) möglich. In diesem Zusammenhang bleibt leider unklar, was eine „ausdrückliche vertragliche Regelung“ sein soll. Bekanntlich sind Treuhandverträge formfrei und bedürfen keiner Schriftform und eine – auch nur konkludente – Abänderung jedes Treuhandvertrags ist jederzeit möglich. Somit bleibt abzuwarten, ob das BMF diese Aussage aus dem GrEStG-Erlass noch präzisieren wird. Aus Gründen der Vorsicht sollte aber vorsorglich ein schriftlicher Treuhandvertrag mit einem entsprechenden Passus für den Treuhänderwechsel abgeschlossen werden.