Veröffentlichung: NÖDIS, Nr. 12/Oktober 2016

 

Lohn- und Sozialdumping ist eine sozialpolitisch unerwünschte Erscheinung. Arbeitnehmern wird das zustehende Entgelt vorenthalten und ein fairer Wettbewerb zwischen Unternehmen verhindert. Deshalb traten anlässlich der Arbeitsmarktöffnung verschiedene Bestimmungen gegen Lohn- und Sozial­dumping in Kraft. Diese Bestimmungen sind nun überarbeitet und in einem eigenen Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD-BG) zusammengefasst.

Bereits mit 1.1.2015 trat eine Novelle in Kraft, welche die Lohnkontrolle auf das gesamte nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Entgelt ausweitete (zuvor war der Grundlohn relevant). Im Gegenzug wurde die Nachsicht von der Strafbarkeit bei Unterentlohnung erleichtert. Darüber hinaus wurde unter anderem die Verjährung neu geregelt und das Nichtbereithalten von Lohnunterlagen strenger bestraft.

Nunmehr wurden die Bestimmungen zur Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping erneut novelliert. Am 18.5.2016 wurde das neue Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD-BG) im Nationalrat beschlossen. Es tritt mit 1.1.2017 in Kraft und ist künftig auf Sachverhalte anzuwenden, die sich nach dem 31.12.2016 ereignen.

Bei der Beurteilung der anzuwendenden Rechtslage ist auf das Ende der strafbaren Handlung abzustellen. Da es sich bei der Unterentlohnung um ein Dauerdelikt handelt, ist dieses erst mit der Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes beendet (Nachzahlung des Entgeltes oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses).

Jedenfalls wurden in das neue LSD-BG die bisher im Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) geregelten Bestimmungen gegen Lohn- und Sozialdumping übernommen. Diese vielschichtige Materie wird somit durch eine klare und übersichtliche Struktur in einem formal neuen Gesetz leichter verständlich und soll dadurch eine bessere Umsetzung ermöglichen.

Die wesentlichen Änderungen im Überblick betreffen folgende Punkte:

Ausweitung der Lohnkontrolle

Die Entgeltkontrolle bei Heimarbeit obliegt derzeit dem Arbeitsinspektorat. Nunmehr sollen die zuständigen Träger der Krankenversicherung prüfen, ob Auftraggeber von Heimarbeitern diesen das ihnen nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Entgelt bezahlen. Die nach dem Heimarbeitsgesetz vorgesehenen Meldungen sind dazu dem zuständigen Krankenversicherungsträger zu erstatten.

Daneben ist die ausdrückliche Einbeziehung von überlassenen Arbeitskräften in den Geltungsbereich des LSD-BG hervorzuheben. Der Geltungsbereich des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes wurde dadurch nicht eingeschränkt.

Anrechnung von Überzahlungen

Bisher war eine Anrechnung von Überzahlungen vorgesehen, die auf einem Dienstvertrag oder einer Betriebsvereinbarung beruhen. Nunmehr sind Überzahlungen ohne Einschränkung auf allfällige Unterentlohnungen im jeweiligen Lohnzahlungszeitraum anzurechnen.

Zeitpunkt der Entgeltfälligkeit

Hinsichtlich der Fälligkeit des zustehenden Entgeltes sind die zulässigerweise in gesetzlichen Normen oder Kollektivverträgen oder im Rahmen einer Überstundenpauschale und vergleichbarer Vereinbarungen festgelegten Zeitpunkte maßgeblich. Dies ist vor allem für Überstundenpauschalen oder All-In-Entgeltvereinbarungen von Interesse. Eine Unterentlohnung ist somit am Ende des Durchrechnungszeitraumes zu prüfen.

Aussetzung von Verfahren

Ausdrücklich festgelegt wurde, dass die Bezirksverwaltungsbehörde das Verfahren im Fall von Vorfragen zu unterbrechen hat, die Gegenstand eines beim Gericht anhängigen Verfahrens sind.

Vergleiche

In den erläuternden Bemerkungen zu der Regierungsvorlage wird ausgeführt, dass kein schuldhaftes Verhalten des Arbeitgebers vorliegt, wenn dieser seinen Erkundigungspflichten nachkommt (z. B. durch die Einholung von Auskünften kompetenter Stellen auf Basis einer vollständigen Sachverhaltsgrundlage). Dies gilt auch für die Beratung von Arbeitnehmern durch deren gesetzliche Interessenvertretung und die Ergebnisse dieser Beratungen (z. B. Vergleiche). Wurde daher ein Vergleich abgeschlossen, ist von einer Anzeige bzw. einer Strafe abzusehen, wenn das Entgelt nachbezahlt wurde.

AuftraggeberInnenhaftung

Für den Baubereich ist eine AuftraggeberInnenhaftung vorgesehen. Auftraggeber von Bauarbeiten haften als Bürge und Zahler für die Mindestentgeltansprüche der grenzüberschreitend entsandten oder überlassenen Arbeitnehmer. Davon erfasst sind nicht nur Unternehmer, sondern auch private und öffentliche Auftraggeber.

Neuerung bei der Generalunternehmerhaftung

Die bisherige Generalunternehmerhaftung wird verschärft. Werden Aufträge vom Generalunternehmer unzulässig gegen gesetzliche (etwa Bundesvergabegesetz) oder vertragliche Vorschriften weitergegeben, haftet der Generalunternehmer für die Mindestentgeltansprüche der vom Subunternehmer für diesen Auftrag eingesetzten Arbeitnehmer. Die Bestimmungen sehen eine Haftung als Bürge und Zahler vor, nicht wie bisher eine gewöhnliche Bürgschaft. Dies gilt auch für Subunternehmer, die Aufträge unzulässig weitergeben.

Grenzüberschreitende Zusammenarbeit

Um eine bessere Vollziehung der Verwaltungsstrafverfahren gegen Arbeitgeber zu erreichen, die Arbeitnehmer nach Österreich entsenden oder überlassen, soll die Zusammenarbeit mit ausländischen Behörden verbessert werden. Dazu wurden im LSD-BG Regelungen wie etwa die Verwendung des Binnenmarkt-Informationssystems geschaffen.

Weitere Änderungen erfolgten bei den Ausnahmeregelungen grenzüberschreitender Entsendungen nach Österreich, durch administrative Erleichterungen bei der Bereithaltung der Lohnunterlagen und der Meldepflicht einer Entsendung oder Überlassung.

Autorin: Mag. Stefanie Gruber/NÖGKK